Die Vision, im ehemaligen Brauhaus Neubeuern, eine evangelische Kirche zu integrieren, beschäftigte 13 Innenarchitekturstudenten der Fachhochschule Rosenheim. In einer Vernissage am Marktplatz 32 präsentierten sie nun ihre Entwürfe und Modelle und stellten sich den Fragen der vielen Geladenen. Initiator des Projektes, Evangelischer Hochschulpfarrer Michael Schlierbach, erklärte: „das Fragezeichen hinter der Ausstellungs-Titulierung wird als Frage bestehen bleiben. Für die evangelische Kirchengemeinde Neubeuern ist dieses Bauvorhaben nicht umsetzbar. Dennoch bin ich sprachlos über die hohe Qualität und guten Ideen der Studenten aus dem 7. Semester, die sie in ihren Vorstellungen verwirklicht haben. Die Gedanken und Fantasien zu Nutzungs- und Raumkonzepten lohnen, weitergedacht zu werden“.
Im März 1692 erwarb Graf Max II. von Preysing den Hupfauf-Stadel am Münchner Tor, ließ diesen abtragen und errichtete dort das Brauhaus. 1699 erhielt er die Braugerechtsame auf Braunbier, das in Neubeuern und den umliegenden Gemeinden zum Ausschank kam. Gebraut wurde von Oktober bis April. 1810 brannte das Gebäude ab und wurde bis 1811 wieder neu erbaut. Nach dem 2. Weltkrieg entstanden in dem dreistöckigen Gebäude (Eigentümerin Kathi Loferer) Wohnungen, Zahnarztpraxis, Apotheke und Kegelkeller. Während der letzten Jahrzehnte fanden Bistros und Kneipen hier ihre Gasträume.
Die alten Gewölbe des Brauhauses blieben bis heute erhalten und inspierten die Studierenden zur Umnutzung. Warum sollte man nicht bestehende Gebäude durch eine qualitative innenarchitektonische Ausgestaltung zur sakralen Begegnungsstätte Gläubiger nutzen und einen gemeindlichen Kultur-Treffpunkt integrieren? An Anregungen für flexible Nutzungsmöglichkeiten, die aufgrund der Innenraumgröße harmonisch ineinanderfließen können, fehlte es den Akteuren nicht. Eine Kombinationen von Kirche und Segmenten der spirituellen Medidation bis zu Wellness- und Spa-Bereichen zielt auf die Zusammenführung von Körper, Geist und Seele ab. Die Akzentuierung von Kirche und Kultursaal mit Ausstellungsbereichen und Literaturraum vernetzt die Gedanken an einen gemeinsamen Ort der bildenden Bereicherung. Verweilen wollen und sich Zeit nehmen für Kontakte fördert die Integration eines Cafés oder Bistros. Auch an Pilger dachten die Innenarchitekten, die auf dem Jakobsweg eine kurzfristige Übernachtungsmöglichkeit suchen und konstruierten sog. Mönchszellen, minimal eingerichtet mit einer Schlafstätte und Sitzbereich. Dabei spielten Materialeinsatz, Farbenkonzept und Beleuchtungswahl eine gewichtige Rolle in den Ausarbeitungen. Vorschläge bezüglich Entkernung, Raumerweiterung durch Entfernung von Wänden oder Anbau zur Unterbringung zweckdienlicher Einrichtungen gehören ebenso zu den Entwürfen, wie Lichtgänge und eingestellte Körper mit spezifischer Lüftungsplanung. Die Ausstellung der Planentwürfe ist bis zum 31. Januar 2012 zu besichtigen (Öffnungszeiten unter www.kirche-in-der-kneipe.de). Und manchem Besucher wird sich die Frage stellen „wandern hinterher die zeitgemäßen Visionen einer inspirativen Begegnungsstätte in die Ablage oder sind sie Leitideen einer zukunftsweisenden Umsetzung?“

Text/Foto: Petra Reischl-Zehentbauer